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Rezension: Vladimir


Titel: Vladimir

Autorin: Julia May Jonas

Verlag: Karl Blessing Verlag

Seiten: 352

Format: Gebundene Ausgabe

Preis: 24,00€

ISBN-13:‎ 978-3896677310

Bewertung: 4/5



*Werbung/Rezensionsexemplar*


Inhalt:

Sie ist Ende fünfzig, Literaturprofessorin an einem kleinen College an der amerikanischen Ostküste und beliebt bei ihren Studentinnen. Seit dreißig Jahren ist sie mit John verheiratet, der am selben College unterrichtet. Sie war immer stolz darauf, mit John eine offene Beziehung zu führen, intellektuell, finanziell und emotional unabhängig zu sein. Als John jedoch seine Suspendierung fürchten muss, weil eine der vielen Studentinnen, mit denen er im Laufe der Jahre eine Affäre hatte, ein Verfahren gegen ihn angestrengt hat, gerät das Wertesystem der Ich-Erzählerin ins Wanken: Ihre Studentinnen und ihre Tochter fordern sie auf, sich zu trennen, die Fakultät möchte sie beurlauben. In dieser Situation trifft sie Vladimir Vladinski - ein 20 Jahre jüngerer Kollege und gefeierter Romanautor - und entwickelt für ihn eine folgenschwere Obsession.


Meine Meinung:

Selten habe ich einen Debütroman gelesen, der mich so mitgerissen und begeistert hat wie „Vladimir“. Es ist kein Geheimnis, dass ich ein großer Fan von charakterfokussierten Romanen bin. Ich brauche keinen ausgeklügelten, actionreichen Plot um einen Roman zu genießen. Alles was es meiner Meinung nach braucht, ist ein facettenreicher und interessanter Charakter. Und eben das ist Julia May Jonas mit ihrer namenlosen Protagonistin gelungen.


Der Roman ist zwar nach Vladimir benannt, doch spielt er eine überraschend kleine Rolle in der eigentlichen Handlung. Er ist selten zugegen. Als Leser bekommen wir für lange Zeit nur einen vagen Eindruck davon wer er eigentlich ist. Er wird zur Muse für die Protagonistin. Durch ihn wird ihre Liebe zum Schreiben wiedererweckt und sie beginnt ihr bisheriges Leben zu hinterfragen. Jedoch wird auch sehr schnell klar, dass es nicht wirklich Vladimir ist den sie begehrt, sondern viel mehr die Idee von ihm.


Obwohl ihr Verlangen nach Vladimir in dem Roman immer unterschwellig mitschwingt, so behandelt er die unterschiedlichsten Themen. Als Leser erfahren wir die Welt durch die Augen der Protagonistin und stetig werden ihre Gedankengänge mit uns geteilt. Themen wie Monogamie, das Älterwerden und seine Auswirkungen auf die eigene Anziehungskraft, sexuelles Verlangen, Geschlechterrollen innerhalb und außerhalb des akademischen Bereichs, Trauma, Moral und das Mutter sein werden in diesem Roman diskutiert. Die Protagonistin beobachtet ihr Umfeld und lässt uns völlig ungefiltert an ihren Gedanken teilhaben. Sie ist zynisch, intelligent, gerissen und doch gleichzeitig bemüht und einfühlsam. Sie ist durch und durch sie selbst und eben das fand ich so bewundernswert an ihr.


Sprachlich gesehen ist der Roman ebenfalls beeindruckend. Jonas Schreibstil ist einnehmend und sorgt für einen ständig währenden Lesefluss. Des Öfteren habe ich Textstellen markiert, einfach, weil ich sie sprachlich hervorragend formuliert oder auch nur als nachvollziehbar empfand. Da ich selbst Studentin der Literaturwissenschaften bin, hatte ich zu manchen Begebenheiten vielleicht noch einen größeren Bezug als manch anderer.


An und für sich dachte ich wirklich, dass dieser Roman ein 5-Sterne Buch für mich werden würde. Jedoch kam es gegen Ende des Romans zu ein paar Situationen, die ich so nicht habe kommen sehen und die meiner Meinung nach auch nicht wirklich zu dem Rest des Buches passten. Zwar hätte ich nichts dagegen gehabt, die Handlung des Buchs auf dunklere Abwege geraten zu sehen, jedoch hätte diese Entwicklung dann schon früher einsetzten müssen. So passierten einige Dinge sehr abrupt und ohne große Einleitung, was das Tempo des Romans störte und mir persönlich leider auch nicht zusagte.

Alles in allem ist „Vladimir“ dennoch ein äußert beeindruckendes Debüt mit ein paar interessanten Gedankengängen. Und Julia May Jonas ist eine Autorin, die ich definitiv im Auge behalten werde.


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